© J. Herzog

Interview

Quelle: J. Herzog
Axel LaDeur: Concert for one

Interview 2020 mit Axel LaDeur, Organist und Kantor der Kreuzkirche, Hannover

Herr LaDeur, Sie haben hier in Davenstedt im Format „Concert for one“ 24 Orgel-Konzerte gegeben, an sechs Tagen jeweils vier Konzerte. Wie kam es dazu?

Die Idee entstand, als die Kirchen wegen des Lockdown geschlossen waren, keine Veranstaltungen, keine Gottesdienste, nichts. Mein Kollege Oliver Kluge, Kantor der Nazareth- und Pauluskirche, hatte die Idee, ob wir nicht Konzerte nur für eine Person oder einen Haushalt machen könnten. In der Nazareth-Kirche gibt es zwei Orgeln, da haben Herr Kluge und ich gespielt, die Kollegin  Ryoko Morooka in der Pauluskirche. Wir haben drei Wochen lang, mit je vier Auftrittstagen pro Woche, gespielt. Die Idee des Formats ist geblieben, obwohl inzwischen die Notwendigkeit eigentlich nicht mehr bestand. 

Nach welchen Regeln haben Sie die 20-minütigen Konzerte zusammen gestellt?

Die Stücke sind mit einem roten Faden verbunden. „Die heitere Königin“, so heißt etwa ein Programm mit Stücken heiteren Charakters. Ich habe auch ein Programm gespielt mit Stücken aus Weingegenden. Ich mag es ungern, wenn man Stücke zusammenhanglos spielt. Man sollte sich schon was dabei gedacht haben.

Am Schluss der Konzerte stand ein Lieblingschoral aus dem Gesangbuch, den sich die Besucher*innen für eine Improvisation wünschen konnten.

Am häufigsten wurde gewünscht: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“, dann „Großer Gott, wir loben Dich“ und „Lobe den Herren“.

Wie haben Sie unsere Führer-Orgel kennengelernt?

Im Jahr 2017, bei einer Trauerfeier für einen ehemaligen Politiker, die besonders musikalisch gestaltet wurde. Ich kannte sie vorher nicht. Da würde jeder Organist hellhörig werden, wenn er diese Orgel unter die Finger bekommt. Sie nimmt doch im Kontext der Stadt bei den kleineren Orgeln eine besondere Stellung ein.

Wie würden Sie den Charakter der Orgel beschreiben?

Grundsätzlich ist positiv zu vermerken, dass sie überhaupt einen Charakter hat. Viele Orgel haben keinen. Ich darf das mal ein bißchen böse formulieren, das sind die langweiligen 60er-Jahre-Orgeln, die gleich klingen, wo man selten charakteristische Register, Stimmen, egal welcher Couleur, findet. Das ist hier angenehm anders. Eine Orgel braucht grundsätzlich nicht viele Register, auch eine Kathedral-Orgel braucht nicht extrem viele Register, es reichen die richtigen. Zum Beispiel ein schönes Flötenregister, dem man gerne zuhört oder ein Prinzipalchor - wie hier - voll ausgebaut im Hauptwerk, der auch einen entsprechenden Sitz im Raum hat - wo es sozusagen kompromißlos zugeht.

Die Anlage der hiesigen Orgel in Hauptwerk und Rückpositiv ist sehr vorteilhaft. Ein Rückpositiv ist immer ein kleiner Schatz, weil die Anlage damit prädestiniert ist für Barockmusik: Ein kleines „Solistenensemble“, das Rückpositiv, steht quasi vor dem „Orchester“, dem Hauptwerk. Das macht die Musik plastisch. Die eher solistischen Klangfarben stehen im Rückpositiv, das Hauptwerk hat alle Begleitfunktionen, die es haben kann, sogar einen sehr schönen Bordun 16 Fuß, über den man wohl zur Bauzeit sehr gestritten hat. Heute kann man sich wirklich nur freuen, weil es in Hannover nicht viele  kleinere Orgeln gibt, die so etwas aufweisen können. Besonders ist auch das Cornett 4fach im Hauptwerk, das schön mit der Trompete 8 Fuß abgestimmt ist. Die Klangfarben sind für die norddeutsche Barockmusik und die französische Musik ideal. Das gilt auch für die solistischen Stimmen im Rückpositiv, die zusammen gezogen einen neuen Sinn ergeben. Das ergibt eine hohe Qualität und macht die Orgel sehr hörenswert.

Sie haben das Projekt „Orgelstadt Hannover“ gegründet. Was verbirgt Sie dahinter?

Wir haben uns mit Kollegen zusammen getan und das Projekt aus der Taufe gehoben. Inzwischen ist es ein Projekt des Stadtkirchenverbandes. Wir wollen die reichhaltige Orgellandschaft in Hannover darstellen:  Die mitteldeutsch-romantische Orgel in der Marktkirche, die neue große mitteldeutsche Barockorgel sowie die spanische Orgel in der Neustädter Hof- und Stadtkirche, die englische Orgel in der Nazareth-Kirche, die Marcussen-Orgel in der Pauluskirche und viele weitere. Wir haben auch in der Peripherie schöne Orgeln: zum Beispiel in Laatzen eine französisch-romantisch intonierte Orgel oder die neue Orgel in Willehadi, Garbsen. Als Orgel-Enthusiasten wollen wir anderen Enthusiasten, die auf der Suche nach verschiedenen, gut klingenden Instrumenten sind, ein Forum bieten und auch auf Veranstaltungen hinweisen. Denn Orgelmusik kommt im Prinzip gut an, doch mancher traut sich nicht!

Herr LaDeur, vielen Dank für das Gespräch!